Zum langfristigen Schutz von Mensch und Umwelt sollen radioaktive Abfälle in geologischen Tiefenlagern entsorgt werden. Das von der Nagra vorgeschlagene Standortgebiet Nördlich Lägern liegt im Kanton Zürich. Das Gebiet ist gemäss Nagra sicherheitstechnisch am besten für den Bau eines Tiefenlagers geeignet.
Übersicht
In der Schweiz ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass radioaktive Abfälle langfristig sicher in geologischen Tiefenlagern entsorgt werden. Das Bundesamt für Energie (BFE) leitet das Verfahren für die Suche nach einem geeigneten Standort für ein Tiefenlager in der Schweiz (Sachplan geologische Tiefenlager). In der aktuellen dritten Etappe erfolgt die definitive Standortwahl.
Der Kanton Zürich unterstützt das BFE beim Auswahlverfahren und steht der betroffenen Zürcher Standortregion zur Seite (mehr zur Position des Kantons).
Der Kanton Zürich setzt sich für ein transparentes und faires Auswahlverfahren ein, wobei die Sicherheit immer an erster Stelle steht.
Die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) hat im September 2022 bekannt gegeben, dass sie für das Standortgebiet Nördlich Lägern ein Rahmenbewilligungsgesuch einreichen wird. Erdwissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass in Nördlich Lägern das Gestein im Untergrund den radioaktiven Abfall langfristig am besten einschliesst. Gleichzeitig hat die Nagra kommuniziert, dass sie die Verpackungsanlagen für Brennelemente sowie andere radioaktive Abfälle am Standort des Zwischenlagers (ZWILAG) in Würenlingen (Kanton Aargau) plant.
Die Regierungsvertretenden der Standortkantone Aargau und Zürich sowie des unmittelbar betroffenen Nachbarkantons Schaffhausen sind im kantonalen Gremium «Ausschuss der Kantone (AdK)» vertreten und geben gemeinsam Stellungnahmen zu wichtigen Themen ab.
Publikation Standpunkt
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Radioaktive Abfälle
Radioaktive Abfälle sind für Mensch und Umwelt schädlich. In der Schweiz stammen sie mehrheitlich aus Kernkraftwerken, aber auch aus Medizin, Industrie und Forschung.
Berechnungen beziffern ein Gesamtvolumen von rund 83'000 m3 an verpackten radioaktiven Abfällen, welches in geologischen Tiefenlagern eingelagert werden muss. Dies entspricht etwa zwei Dritteln des Volumens des historischen Teils der Zürcher Bahnhofshalle.
Das Kernenergiegesetz schreibt vor, dass die in der Schweiz anfallenden radioaktiven Abfälle im Inland in einem geologischen Tiefenlager entsorgt werden müssen. Verantwortlich dafür sind die Abfallverursacher. Dies sind die Kernkraftwerkbetreiber und der Bund, welcher für die Abfälle aus Medizin, Industrie und Forschung zuständig ist. Diese sogenannten Entsorgungspflichtigen haben zur Wahrnehmung dieser Aufgabe 1972 die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) gegründet.
Diese Arten radioaktiver Abfälle gibt es:
- Hochaktive Abfälle (HAA) sind abgebrannte Brennelemente aus den Kernkraftwerken.
- Schwach- und mittelaktive Abfälle (SMA) umfassen alle anderen radioaktiven Abfälle, überwiegend Betriebsabfälle aus den Kernkraftwerken und Forschungseinrichtungen sowie Abfälle aus medizinischen und industriellen Anwendungen.
SMA machen rund 90 Prozent des gesamten Volumens der radioaktiven Abfälle in der Schweiz aus. Aber fast 100 Prozent der Radiotoxizität geht von den knapp 10 Prozent HAA aus.
Zwischenlagerung
Derzeit werden die radioaktiven Abfälle aus den schweizerischen Kernkraftwerken im Zwischenlager in Würenlingen (ZWILAG) oder im Zwischenlager des Kernkraftwerks Beznau (ZWIBEZ) gelagert. Die hochaktiven Abfälle kühlen in Transport- und Lagerbehälter verpackt während etwa 40 Jahren so weit ab, bis sie in ein geologisches Tiefenlager gebracht werden können. Die Abfälle aus Medizin, Industrie und Forschung lagern im Bundeszwischenlager in Würenlingen.
Tiefenlager
Es dauert bis zu einer Million Jahre, bis die radioaktiven Abfälle so weit zerfallen sind, dass sie für Mensch und Umwelt nicht mehr schädlich sind. Während dieser Zeit sollen die Abfälle durch Einlagerung in geeigneten geologischen Schichten im Untergrund – in sogenannten geologischen Tiefenlagern – von der Lebenswelt ferngehalten werden.
Natürliche und technische Barrieren
Die langfristige Sicherheit von Mensch und Umwelt hat oberste Priorität bei der Realisierung geologischer Tiefenlager. Ein Multibarrierensystem aus mehreren technischen und natürlichen Barrieren sorgt dafür. Die radioaktiven Abfälle werden in Behälter eingeschlossen und vollständig mit Füllmaterial umgeben (technische Barrieren).
Die wichtigste Barriere (natürliche Barriere) für die radioaktiven Stoffe bildet die Geologie: Natürlich vorkommende stabile Gesteinsschichten mit einer geringen Durchlässigkeit für Wasser.
Dabei handelt es sich in erster Linie um den sehr gering durchlässigen Opalinuston (tonhaltige Gesteinsschicht als Wirtgestein). Opalinuston kommt in der Nordschweiz in einer Tiefe von 400 bis 900 Metern vor. Hinzu kommen die darüber- und darunterliegenden Rahmengesteine. Diese besitzen ebenfalls besonders gute Rückhalteeigenschaften für radioaktive Stoffe.
Aufbau eines Tiefenlagers
Die Nagra plant in Nördlich Lägern ein Kombilager für hochaktive sowie für schwach- und mittelaktive Abfälle. Ein Kombilager teilt die Oberflächeninfrastruktur und die Lagerzugänge, hat im Untergrund aber getrennte Lagerteile (HAA und SMA). Die beiden Abfalltypen müssen aufgrund ihrer unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften getrennt voneinander entsorgt werden.
Oberflächeninfrastruktur
Zur Oberflächeninfrastruktur (OFI) des Tiefenlagers gehören die Oberflächenanlage (OFA) und die Nebenzugangsanlage (NZA). Von der OFI aus wird das Tiefenlager gebaut, betrieben, überwacht und letztendlich verschlossen. Hier werden die Behälter mit den radioaktiven Abfällen angeliefert und zur Einlagerung bereitgestellt. Die OFI ist zudem wichtig für die Frischluftzufuhr. Auch Administrations- und Werkgebäude befinden sich auf dem Areal. Die Anlagen und Gebäude werden etappenweise errichtet und später grösstenteils wieder zurückgebaut.
Für die Einlagerung im Tiefenlager müssen die radioaktiven Abfälle in Endlagerbehälter umverpackt werden. Dies passiert in der sogenannten Brennelemente-Verpackungsanlage (BEVA, auch «heisse Zelle» genannt). Die Nagra plant, die BEVA beim Zwischenlager (ZWILAG) in Würenlingen zu erstellen um Synergien mit bereits bestehenden Anlagen zu nutzen.
Regionale Partizipation
Um die Mitwirkung von Bevölkerung, Interessensgruppen und Gemeinden während des Standortauswahlverfahrens in den Regionen zu gewährleisten, wurden zu Beginn des Sachplans Geologische Tiefenlager die «Regionalkonferenzen» gegründet. Die Regionen konnten ihre Anliegen über diese Partizipationsgremien direkt in den Prozess einbringen. Für den Kanton sind sie über die Jahre zu wichtigen Ansprechpartnern geworden.
Auswirkungen eines Tiefenlagers auf die Region
In den letzten Jahren wurden mehrere Studien zu möglichen regionalen Auswirkungen eines geologischen Tiefenlagers durchgeführt. Eine Übersicht mit allen Studien zu Wirtschaft, Gesellschaft und Monitoring finden Sie beim BFE.
Sozioökonomische, ökologische und gesellschaftliche Auswirkungen
Das Bundesamt für Energie (BFE) hatte in Etappe 2 des Sachplanverfahrens (2011-2014) in allen sechs möglichen Tiefenlager-Standortgebieten eine sozioökonomisch-ökologische Wirkungsstudie (SÖW) durchgeführt.
Ergänzend dazu hat der Ausschuss der Kantone (AdK) (2012) eine Gesellschaftsstudie in Auftrag gegeben. Ihr Fokus liegt auf den Auswirkungen eines geologischen Tiefenlagers auf das Image einer Region sowie auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die Gesellschaftsstudie wurde in den unterdessen eingegrenzten Standortregionen Nördlich Lägern, Jura Ost und Zürich Nord Ost durchgeführt.
Die Ergebnisse aus den beiden Studien wurden 2021 zu regionalen Syntheseberichten zusammengefasst.
Heute ist das BFE für das Monitoring möglicher Auswirkungen auf Gesellschaft und Wirtschaft verantwortlich und führt die Beobachtungen entsprechend weiter. Bei Bedarf werden vertiefte Untersuchungen vorgenommen.
Immobilienpreisentwicklung
Im Jahr 2011 untersuchten Wüest Partner AG und die Neue Zürcher Zeitung im Auftrag des BFE, wie sich ein geologisches Tiefenlager auf die regionalen Immobilienmärkte in der Schweiz auswirken könnte. Im Rahmen der Immo-Barometer-Befragung haben von 2012 bis 2022 alle zwei Jahre Haushaltsbefragungen stattgefunden.
Der Kanton Zürich hat 2022 und 2023 den Immobilienmarkt der Gemeinde Stadel und der Arbeitsmarktregion Zürcher Unterland durch die Firma Wüest Partner AG analysieren lassen. In der Studie wurde der Immobilienmarkt in Nördlich Lägern mit der Gesamtschweiz und mit Regionen, die von Kernanlagen betroffen sind, verglichen.
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