Erfolgskontrolle im Naturschutz

Unterteiltes Quadrat auf der Vegetation zum Auszählen der einzelnen Pflanzenarten. Dies hilft, die Dichte von einzelnen Pflanzenarten auf der betrachteten Fläche genauer zu schätzen.

Erreichen Naturschutzmassnahmen auch wirklich ihre Ziele? Der Kanton Zürich setzt ein Konzept für Erfolgskontrollen und Dauerbeobachtungen um.

Erfolgskontrolle

Die Fachstelle Naturschutz überprüft mittels Erfolgskontrollen die konkreten Ziele von Naturschutzmassnahmen, wie zum Beispiel:

  • Wird ein Orchideenbestand durch die angepasste Pflege grösser?
  • Können Neophyten zurückgedrängt werden?
  • Werden die Bewirtschaftungsvorgaben eingehalten?

Erfolgskontrollen helfen

  • Umsetzungsmängel zu erkennen
  • zielgerichtet mit Anpassungen oder Optimierungen einzugreifen
  • die Mittel im Naturschutz optimal einzusetzen

Wir empfehlen, Erfolgskontrollen von Anfang an in die Projektplanung aufzunehmen. Sie sind nicht in jedem Fall aufwändig. Oft reichen schon einfache Checks, um zu wissen, ob man grundsätzlich auf dem richtigen Weg ist. 

Beispiel Erfolgskontrolle Kreuzkröte 

Ausgangslage

Die Kreuzkröte ist in der Schweiz stark gefährdet. Im Kanton Zürich sind immer noch einige Laichgewässer bekannt. Der Bestand hat in den letzten Jahrzehnten aber massiv abgenommen.

Massnahmen

Es wurden gezielt neue Laichgewässer geschaffen, die den Ansprüchen der Kreuzkröte genügen.

Ziele 

  • Nutzt die Kreuzkröte die neu angelegten Laichgewässer wirklich als Laichgewässer?
  • Welche Art von Gewässer ist am besten geeignet?

Ergebnis

  • Die bisherigen Massnahmen sind überwiegend erfolgreich.
  • Lehmtümpel bewähren sich allerdings bei ungünstigen Wetterlagen nicht über längere Zeit, sie trocknen dann aus und werden durchlässig.
  • Folientümpel mit Ablass zeigen die besten Ergebnisse.

Beispiel Erfolgskontrolle Lichter Wald Weiach

Verwenden Sie die Akkordeon-Bedienelemente, um die Sichtbarkeit der jeweiligen Panels (unterhalb der Bedienelemente) umzuschalten.

Das teils kantonseigene Waldreservat Stein-Fasnachtsflue-Leuenkopf in Weiach gehört mit fast 30 ha zu den ersten ausgeschiedenen Sonderwaldreservaten und zu den wichtigsten lichten Waldstandorten im Kanton Zürich. 2007 wurden in einem Ersteingriff Bäume gefällt und Sträucher entfernt, um Lichtungen zu schaffen. Dabei blieben einzelne Lichtbaumarten wie Eichen, Föhren oder Kiefern mit gut ausgebildeter Krone oder weitere seltene und wichtige Arten stehen. Die Bäume wurden so gefällt, dass viel Totholz stehen bleibt. Dafür wurden die Baumstämme hoch abgeschnitten. Damit der Standort nicht wieder mit Sträuchern und Jungbäumen überwachsen wird, sind periodische Eingriffe notwendig.

Die Wirkung der Massnahmen wird laufend im Rahmen einer Erfolgskontrolle überprüft. Dabei wird unter anderem die Entwicklung der Pflanzengesellschaften und ausgewählter Tiergruppen beobachtet. Die Vorkommen der Gewöhnlichen Küchenschelle, des Rauen Alants, verschiedener Glockenblumen- und Orchideenarten in Weiach zeigen, dass sich licht- und magerbedürftige Pflanzen in der Krautschicht gut etablieren können. 2020 und 2021 wurden zudem totholzbewohnende (xylobionte) Käfer untersucht. Die Untersuchung totholzbewohnender Käfer förderte rund zweihundert Arten zutage. Darunter befinden sich viele seltene und spezielle Funde, teilweise auch Arten, die in der Schweiz aktuell nirgendwo anders vorkommen. Viele Arten wurden zum ersten Mal im Kanton Zürich oder im Mittelland nachgewiesen. Auch Reptilien, wie die Zaun- oder die Mauereidechse, viele Tagfalterarten und verschiedene Vogelarten profitieren von den neu geschaffenen Lebensräumen. Das zeigt auch die noch laufende Studie zur weniger bekannten Gruppe der Nachtfalter. Im Rahmen einer Erfolgskontrolle wird im Zürcher Unterland untersucht, welche Nachtfalterarten an Standorten mit Lichten Wäldern gefördert werden und wie sich die Artengemeinschaften im Vergleich zu anderen Waldstandorten (Wirtschaftswald) präsentieren. Die Nachtfalter werden in mehreren Nächten an eigens aufgestellten, sogenannten Leuchttürmen beobachtet. Im ersten Beobachtungsjahr (2021) wurden in Lichten Wäldern des Zürcher Unterlandes 235 Arten erfasst. Die Artenzahl liegt damit um einiges höher als im Wirtschaftswald mit 192 Arten. Aber aussagekräftiger ist die Betrachtung der genauen Artenzusammensetzung: Im lichten Wald kommen fast doppelt so viele wärme- und trockenheitsliebende Nachtfalterarten vor wie im Wirtschaftswald. Diese erfreulichen Ergebnisse zeigen, dass viele seltene und spezialisierte Arten die neuen lichten Waldflächen besiedeln und von den Auflichtungen profitieren können.

Für die Gewöhnliche Küchenschelle (Pulsatilla vulgaris) trägt der Kanton Zürich eine besondere Verantwortung und fördert sie im Rahmen eines Aktionsplans. Ursprünglich kommt die Gewöhnliche Küchenschelle in Föhrensteppenwäldern und Trockenwiesen vor und ist gesamtschweizerisch stark gefährdet. Durch das Schaffen lichter Wälder im ursprünglichen Verbreitungsschwerpunkt im Norden des Kantons Zürichs kann die Art erhalten und es können neue Populationen gegründet werden. Die Küchenschelle findet in Weiach beispielsweise im lichten Hangschuttwald, einem Eichen-Föhrenwald, ideale Bedingungen vor.

Gewöhnliche Küchenschelle
Gewöhnliche Küchenschelle Quelle: ALN, FNS

Nebst Licht, Wärme, einem Blütenangebot und weiteren Faktoren brauchen sogenannte xylobionte Käfer für die Entwicklung ein grosses Angebot an Alt- und Totholz. Diese Kombination findet sich vor allem in Lichten Wäldern und Waldrändern. Diese Käfer sind stark gefährdet, weil ihre benötigten Strukturen und Lebensräume selten geworden sind. Die Eiche beherbergt ungefähr 650 holzbewohnende Käferarten, während es auf einer Buche «nur» 240 Arten sind. Eine abgestorbene Buche kann für den Balkenschröter (Dorcus parallelopipedus) erst nach Jahren der Zersetzung optimal genutzt werden.
Auf dem Bild ist der zur Familie der Hirschkäfer gehörende Balkenschröter abgebildet.

Käfer Balkenschröter
Balkenschröter Quelle: Pascal Weber

Auf diesen Felsabbrüchen kommen vereinzelt Föhren und Eichen vor. Der lichte Felswald bietet unter anderem auch Lebensraum für die Mauereidechse sowie für verschiedene Arten der Tagfalter, Schnecken, Wildbienen und Heuschrecken.

Felschwände mit vereinzelten Föhren
Lichter Felswald Quelle: Pascale Weber

Lichter Wald

Lichte Wälder sind besondere Waldstandorte, bei welchen das Kronendach der Bäume und Sträucher nicht geschlossen ist und viel Licht auf den Boden fällt. In solchen Wäldern kommen viele spezielle Pflanzen- und Insektenarten vor, die auf trockene und magere Bedin-gungen in ihrem Lebensraum angewiesen sind. Lichte Wälder werden mit einem Ersteingriff geschaffen. Wenn keine Nachpflege erfolgt, werden die Standorte bald wieder mit Sträuchern und Jungbäumen oder Problempflanzen überwachsen. Deshalb sind immer wieder periodische Eingriffe wie Entbuschen notwendig, um den erwünschten Zustand eines lichten Waldes zu erhalten. Die prioritären Flächen werden zudem regelmässig gemäht, um die Wüchsigkeit der Kraut- und Strauchschicht möglichst gering zu halten.


Aktionsplan Lichter Wald

Im Naturschutz-Gesamtkonzept des Kantons Zürich wurde 1995 festgelegt, dass im ganzen Kanton 1000 ha dauernd lichter Wald zu erhalten oder neu zu schaf-fen sind. 2005 lancierte die Fachstelle Naturschutz den Aktionsplan Lichter Wald. Seither haben die Fachstelle Naturschutz und die Abteilung Wald gemeinsam bereits eine Vielzahl von Objekten umgesetzt. Die Wirkung der Massnahmen wird laufend im Rahmen einer Erfolgskontrolle geprüft: Alle Lichter-Wald-Flächen werden einmal pro Jahr von Fachleuten begangen und ihr Zu-stand grob beurteilt. Daraus werden notwendige Pflegemassnahmen abgeleitet. Nach Eingriffen in die Baumschicht wird die Entwicklung gut beobachtet, damit je nach Auftreten von Problempflanzen wie Nielen und Brombeeren rasch eingegriffen werden kann. Von Zeit zu Zeit werden die Vorkommen von Pflanzenarten erfasst und die Objekte über die Summe der sogenannten Artwerte verglichen.


Waldreservat Stein-Fasnachtsflue-Leuenkopf

Im kantonseigenen Waldreservat Stein-Fasnachtsflue-Leuenkopf in Weiach sollen seltene, auf Licht und Wärme angewiesene Tier- und Pflanzenarten erhalten werden. Früher wurden solche Lichten Wälder durch die intensive Aus-tragsnutzung geschaffen und können heute durch gezielte Auflichtungen erhalten werden. Das Gebiet Fasnachtsflue (rund 23 ha gross) in Weiach gehört zu den Waldbiotopen, welche viele lichtbedürftige Arten aufweisen (Biodiversitäts-Hotspot). Die Eingriffe und Massnahmen orientieren sich an Ziellebensräumen, welche den Lebensraum für die vorkommenden und potenziell vorkommenden (historische Nachweise, Samenbank, mobile Arten) Zielarten bieten. Im vorlie-genden Gebiet sind dies insbesondere die Lebensraumtypen «Lichter Hangschuttwald», «Lichter Felswald», «Saurer Heidewald» und der auch als Märliwald betitelte «totholzreicher Buchen-Eschenwald mit Felsblöcken».

Dauerbeobachtung

Eine Dauerbeobachtung zeigt die Entwicklung von Arten oder Lebensräumen auf. Dauerbeobachtungen dienen als Massstab für den Zustand von Natur und Landschaft. Sie stellen Entwicklungen in einen grösseren Zusammenhang und ermöglichen die Früherkennung von Fehlentwicklungen. Die eigentliche Wirkung von Massnahmen wird im Gegensatz zu Erfolgskontrollen meist nur indirekt erfasst.

Beispiel einer Dauerbeobachtung

Seit 1975 werden im Kanton Zürich jährlich ausgewählte Brutvögel erfasst. Über 100 freiwillige Spezialistinnen und Spezialisten sind jeweils zwischen März und Juli für das Avimonitoring im Einsatz. Diese Arbeit ermöglicht es,

  • die Entwicklung einzelner Arten im Kanton Zürich zu ermitteln;
  • die Zahlen im Kanton Zürich mit anderen Kantonen oder der gesamten Schweiz zu vergleichen.

Ergebnisse 

  • In den letzten Jahren haben Kulturlandarten wie die Feldlerche und die Grauammer stark abgenommen.
  • Die Bestände des Mittelspechts haben dagegen zugenommen.

Gesamtkonzept

Im Naturschutz-Gesamtkonzept (NSGK) des Kantons Zürich sind Erfolgskontrollen als wichtiges Instrument zur Optimierung von Naturschutzprojekten verankert. Das Controlling-Konzept des Regierungsrats nennt folgende Grundsätze:

  • Ziel- und Ergebnisorientiertheit: Eine Erfolgskontrolle muss dazu beitragen, dass angestrebte Ergebnisse tatsächlich erreicht werden.
  • Entscheidungsorientierung: Analyse von Entscheiden und entsprechenden Konsequenzen anhand von bekannten Auswirkungen.
  • Zweckmässige Information in einer stufengerechten Detaillierung.

2003 erarbeitete die Fachstelle Naturschutz ein Konzept, mit dem Erfolgskontrollen und Dauerbeobachtungen durchgeführt werden. Es beschreibt die wichtigsten Grundsätze zum Vorgehen in solchen Projekten. Hier einige Hinweise aus diesem Konzept.

Konzeption

Im Mittelpunkt steht die Frage, wozu eine Erfolgskontrolle durchgeführt werden soll. Daraus ergibt sich die Wahl von Indikatoren, Methoden und Erhebungsrhythmen. Hilfreich ist oft die Frage nach den Steuerungsmöglichkeiten, d.h. welche Änderungen nach einer Erfolgskontrolle überhaupt vorgenommen werden können:

  • Gibt es nur einen geringen Handlungsspielraum (zum Beispiel wegen politischen oder finanziellen Rahmenbedingungen), kann sich die Erfolgskontrolle auf Aussagen wie «Projekt läuft grundsätzlich gut oder nicht gut» beschränken.
  • Sollen aber zum Beispiel die Erfolgschancen unterschiedlicher Vorgehensweisen (etwa zur Bekämpfung von Neophyten oder zur Förderung seltener Arten) abgeschätzt werden, ist eine differenzierte Erfolgskontrolle sinnvoll.

Analyse

Für eine detaillierte Analyse ist es wichtig, folgende Ebenen im Projektablauf zu unterscheiden:

Output

Wurden die Naturschutzmassnahmen überhaupt den Zielen entsprechend geplant, standen also ausreichende Grundlagen zur Verfügung?

Impact

Wurden die Naturschutzmassnahmen fachgerecht und zielgerichtet ausgeführt, wurden die Akteure ausreichend informiert und in das Projekt eingebunden?

Outcome

Ist bei den angestrebten Zielarten ein Entwicklungstrend feststellbar, ist ein Zusammenhang mit den durchgeführten Massnahmen plausibel?

Für den Erfolg einer Erfolgskontrolle ist entscheidend, wie gut die Erkenntnisse daraus vermittelt werden. Dies kann im Rahmen eines jährlichen Gesprächs zwischen den Kontrollierenden und den Umsetzenden geschehen. Themen dieses Gesprächs sind zum Beispiel:

  • Sind Optimierungen im Projektablauf möglich, können Erfahrungen anderer Projekte genutzt werden?
  • Waren die Voraussetzungen für eine Wirkung grundsätzlich gegeben (erfolgreiche Umsetzung), aber blieb die Wirkung auf Natur und Landschaft trotzdem aus?
  • Waren die Ziele zu hochgesteckt oder nicht zweckmässig? (Zielkontrolle)

Ansprechperson

Martina Torquato

Wissenschaftliche Mitarbeiterin

martina.torquato@bd.zh.ch
+41 43 257 41 78

Kontakt

Amt für Landschaft und Natur - Fachstelle Naturschutz

Adresse

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8090 Zürich
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E-Mail

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