Ökologische Infrastruktur

Gemeine Küchenschelle mit Weitblick in Richtung Weiach.

Wir Menschen sind auf eine funktionierende Natur angewiesen. Und die Natur ist auf genügend Raum und eine grosse Artenvielfalt angewiesen. Nur dann kann sie gut auf Herausforderungen wie Hitze, Trockenheit und Stürme reagieren. Der Kanton Zürich erstellt derzeit eine umfassende Übersicht, die zeigt, was die Natur im Kanton braucht, damit sie in Zukunft noch funktionieren kann.

Artenschwund bedroht unsere Lebensgrundlage

Die Vielfalt an Arten und Lebensräumen ist im Kanton Zürich in den letzten Jahrzehnten drastisch zurückgegangen: Viele Pflanzen-, Tier- und Pilzarten sind verschwunden oder in ihren Beständen empfindlich geschrumpft. Wertvolle Ökosysteme wie Moore, Trockenwiesen und Auenlandschaften sind heute weitaus seltener als noch vor hundert Jahren. Aufgrund des massiven Rückgangs fehlt inzwischen in der Regel auch die notwendige Vernetzung der einzelnen Lebensräume. Dementsprechend sind viele spezialisierte Arten, die auf spezifische Ökosysteme angewiesen sind, verschwunden oder stehen kurz vor dem Aussterben. Viele überleben nur dank Artenförderungsprogrammen. Die verschiedenen Naturschutzprojekte der letzten Jahre konnten diesen Rückgang lediglich abbremsen. 

Das ist auch für uns Menschen alarmierend, denn die Natur ist unsere Lebensgrundlage. Wir brauchen fruchtbare Böden, sauberes Wasser und intakten Wald. Wir brauchen eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt, die gut auf Veränderungen wie den Klimawandel reagieren kann. 

Wenn wir diese Lebensgrundlage auch für kommende Generationen erhalten wollen, müssen wir jetzt reagieren. Deshalb erstellt der Kanton Zürich eine Fachgrundlage: Sie soll aufzeigen, welche «Ökologische Infrastruktur» wir der Natur zur Verfügung stellen müssen, damit sie ihre Leistungen im Kanton auch in Zukunft erbringen kann.

Verzögertes Artensterben

Obwohl der Lebensraum vieler Arten im Kanton Zürich in den letzten Jahrzehnten fast verschwunden ist, sind erstaunlich viele dieser Arten noch da. Der Grund ist das verzögerte Aussterben: Langlebige Pflanzen etwa überleben eine Weile, auch wenn ihr Lebensraum eingeschränkt ist. Und Tierarten überleben eine Zeit geschwächt, können sich aber nicht mehr genügend vermehren und sterben mit Verzögerung aus.

Wenn wir nur die heutige Artenvielfalt betrachten, überschätzen wir den Zustand der Natur also. 

Der Lebensraum ist für viele Arten in den letzten Jahrzehnten deutlich zurückgegangen. Die Arten wurden dadurch ebenfalls dezimiert, doch es droht noch ein viel grösserer Artenschwund. Denn viele Arten verschwinden erst Jahre oder Jahrzehnte, nachdem ihr Lebensraum beschränkt wurde.

Eine Infrastruktur für die Natur

Wir haben in der Schweiz Infrastrukturen für Bahn, Strassen, Strom oder Trinkwasser. Auch die Natur braucht eine Infrastruktur, um zu funktionieren.

Eine gute Infrastruktur für die Natur bedeutet, dass die Natur über besonders wertvolle Kerngebiete verfügt und dass diese Kerngebiete gut vernetzt sind. Kerngebiete sind langfristig gesicherte Biodiversitäts-Hotspots von hochwertiger Qualität (z.B. Naturschutzgebiete). Sie sollen verbunden werden durch ökologisch wertvolle Flächen, sogenannte Vernetzungsgebiete. Das können zum Beispiel Hecken im Landwirtschaftsgebiet oder naturnahe Bäche sein.

Eine geeignete Verteilung von Kern- und Vernetzungsgebieten in der Landschaft stellt also sicher, dass Arten wandern können, um auf Umweltveränderungen zu reagieren, und dass sich Arten treffen und vermehren können. Denn wie beim Menschen sind auch Tier-, Pflanzen- und Pilzarten widerstandsfähiger, wenn sie sich nicht mit nahen Verwandten paaren, sondern durch einen grösseren Austausch eine höhere genetische Vielfalt aufweisen.

Die Natur braucht gegenüber heute (dunkelgrün) rasch mehr wertvolle und besser vernetzte Lebensräume (hellgrün: notwendiger Zustand der ökologischen Infrastruktur). Quelle: Fachgruppe Ökologische Infrastruktur, Grafik: Valentin Rüegg

Vorgehen zur Erarbeitung der Fachgrundlage

Der Bund hat mit den Kantonen Vereinbarungen für die Fachplanung der Ökologischen Infrastruktur geschlossen, die konkrete Ausführung obliegt dabei jeweils den Kantonen.

Der Kanton Zürich erarbeitet zusammen mit Vertretern der Wissenschaft (ETH Zürich, Eidgenössische Forschungsanstalt WSL, Schweizerische Akademie der Naturwissenschaften SCNAT) eine Fachgrundlage zur Ökologischen Infrastruktur. Diese Fachgrundlage weist den Bedarf an Lebensäumen für den nachhaltigen Erhalt der natürlichen Artenvielfalt aus und bezeichnet,  wo Kern- und Vernetzungsgebiete aus fachlicher Sicht liegen sollten.

Die verschiedenen Interessengruppen, die zur Ökologischen Infrastruktur beitragen (wie Eigentümerinnen und Eigentümer, Landwirtinnen und Landwirte, Gemeinden etc.), werden in den Erarbeitungsprozess einbezogen.

Der Kanton wird die Fachgrundlage im Jahr 2025 beim Bundesamt für Umwelt einreichen. Welche Massnahmen auf dieser Basis schliesslich umgesetzt werden sollen, ist eine politische Frage, die erst beantwortet werden kann, wenn die Fachgrundlage vorliegt.

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